Adamello, Abruzzen?

Mehrtagestour | Gemeinschaftstour

Richtig los ging‘s nach der Auffahrt zum Parkplatz auf die Campo Imperatore genannten Hochfläche, jetzt bereits auf 2.130 m Höhe und von hier steil Seite 2 von 6 bergauf zum Rifugio Duca degli Abruzzi (2.388 m).

Was für eine verrückte Bergtour wieder mal.

Geplant war der Adamello-Höhenweg, dann kam Schnee und Regen und alles über 1.500 m färbte sich schön Weiß. Und so saßen wir am Abend des 06.09. in Temù, einem kleinen Ort in der Lombardei etwas unterhalb des Tonale Passes, im Hotel und schnell wurde klar, dass eine Hochgebirgstour bei angesagten 40 l Niederschlag – in 2.000 bis 3.000 m Höhe ganz sicher als Schnee – in den nächsten Tagen wohl keinen Sinn machen würde. So kam uns der Gedanke, auch Kraft unserer geballten Wetter-Apps, die
Sonne zu suchen. Bis hinter den Gardasee und auch in Richtung Osten nach Slowenien zum Triglav wurden wir nicht fündig. Aber, da gibt’s ja tief im Süden noch die Abruzzen. Allerdings 680 km von der Adamello-Gruppe entfernt. Und im Nationalpark „Gran Sasso D‘ Italia“ in der Provinz Teramo, irgendwo nahe Rom, steht der Corno Grande mit dem 2.912 m hohen Hauptgipfel „Vetta Occidentale“ und einer traumhaften Gebirgslandschaft ringsum. Gunter hatte das bei einer Motorradtour von weitem schon mal gesehen.

Was haben wir rumgeblödelt über diese unsinnige Idee und sind dann nach kurzen Blick aus dem Fenster ohne viele Worte am nächsten Morgen direkt dorthin aufgebrochen. Man muss sich auch mal entscheiden können und es war goldrichtig. Sonne, Wärme, Wind, tolle Menschen, eine unglaublich schöne Hochgebirgswelt, prima Hütten des italienischen Alpenvereins CAI und einen kulinarisches Highlight gleich zu Beginn auf einem Bauernhof nahe L’Aquilla, werden wohl bei allen Beteiligten unvergessen bleiben. Übrigens, wer Italien individuell bereist, sollte diese „Agriturismo“ Unterkünfte unbedingt beachten, es lohnt sich! Richtig los ging‘s nach der Auffahrt zum Parkplatz auf die Campo Imperatore genannten Hochfläche, jetzt bereits auf 2.130 m Höhe und von hier steil bergauf zum Rifugio Duca degli Abruzzi (2.388 m).

Der Wirt meldet uns während einer kurzen Pause, da sich unsere italienischen Sprachkenntnisse in Grenzen halten, gleich mal auf der nächsten Hütte an bevor es
bei noch hervorragendem Wetter an den Aufstieg zum höchsten und durchaus beeindruckenden
Gipfel des Corno Grande, dem Vetta Occidentale mit einer Höhe von 2.912 m, ging. Im Gipfelbereich zogen dann allerdings Wolken auf, was zudem von starken Windböen begleitet wurde. Es wurde sogar an einen Abbruch der Besteigung gedacht, da einen die Böen fast umrissen. Nach kurzer Beratung stiegen
wir dann doch in dem recht anspruchsvollen Gelände bis zum Gipfelkreuz auf. Außer einem italienischen
Pärchen waren wir zu dem Zeitpunkt die einzigen auf dem recht schmalen Gipfel. Die immer wieder aufreißenden Wolken im Gipfelbereich, ein beeindruckendes Schauspiel. Der Höhepunkt der Abruzzen, Berg Heil und viele Bilder mit glücklichen Gesichtern.

Beim Abstieg zum Rifugio C. Franchetti auf 2.433 m Höhe leistete dann aufgrund der immer stärker werdenden Windböen auch unser Sicherungsseil noch gute Dienste. Bei unter den Wolken wieder bester Sicht bis zur Adria und einen nächtlichen Blick auf ein unendliches Lichtermeer unter uns, wurde die Behaglichkeit einer windumtosten Schutzhütte dann doch sehr genossen. Übrigens, die Hütten im
Gebiet sind eher klein, ca. 10 – 20 Lagerplätze stehen max. zur Verfügung.

Am nächsten Tag, Top Wetter, Sonnenschein und eine steil bergab führende und damit, da teilweise weglos, die Knie beanspruchende Wanderung zum Rif. Cima Alta auf 1.630 m. Auf dem Weg noch eine
kurze Aussichtsund Fotopause an einem weithin sichtbaren großen Kreuz (Tabor, Verklärung Jesu; Cima del Coure). Später an der Hütte, einsam und etwas im Wald gelegen, werden wir von den jungen Wirtsleuten freudig empfangen und mit einem frisch angerichteten Abendessen aus mehreren Gängen verwöhnt. Nach Sonnenuntergang macht es ein Ofen behaglich, Strom und Wasser gibt es aber nur wenn der Generator läuft – eine Tatsache, welche man bei nächtlicher Benutzung der Toilette beachten sollte.

Nach gutem Frühstück und einem weiteren kurzem Abstieg erreichen wir den kleinen Skiort Prati di Tivo (1.430 m). Von hier führt uns der Weg erst entlang dem Rio Arno durch das wohl schönste Tal der Abruzzen, das Val Maone. Wir steigen durch kühle Wälder, vorbei an Wasserkaskaden, immer zwischen den steil aufragenden Massiven des Gran Sasso, über herrliche Hochalmen zum Rifugio G. Garibaldi (2.231 – Selbstversorgerhütte).

Was noch folgt, ist ein knackiger Aufstieg zum Rifugio Duca degli Abruzzi auf jetzt bereits wieder 2.388 m. 5 h Gehzeit, ca. 1.000 Höhenmeter aufwärts – durchaus anstrengend. Jedoch entschädigen Natur, Bergeinsamkeit pur, sowie eine fast unglaubliche Stille. Oben wird ein letztes Mal übernachtet, direkt über der riesigen Hochfläche des Campo Imperatore, welche auch das kleine Tibet von Europa genannt wird. In der Sonne, auf der Terrasse vor der Hütte, bei wiederum spektakulären Wolkenspielen und mit ringsum
atemberaubenden Aus- und Tiefblicken lassen wir den Tag ausklingen.

Die Zufriedenheit aller Beteiligten ist schon fast beängstigend. Eine verrückte Tour eben. Am nächsten Morgen, das Frühstück auf der Hütte haben wir ausfallen lassen, ging‘s mit Stirnlampen zurück zum Parkplatz. Für das frühe Aufstehen werden wir mit prächtigen Farbspielen zum beginnenden
Sonnenaufgang entschädigt. Was folgt ist eine lange, sehr lange, 1.400 km lange Heimfahrt mit ein paar
Fahrerwechseln, Tankstopps und „einer“ Kaffeepause zurück nach Meiningen. Dem Hochgefühl nach diesen Bergtagen tat dies jedoch keinen Abbruch.

Dabei waren, Dirk Zimmermann, Norbert Will, Gunther Strohbusch, Ingo Jendrusiak und Gunter
Ungerecht – alle Sektion Meiningen des Deutschen Alpenvereins e.V.

Tourendetails

06.09.2019 - ..

12:00 Uhr

Tourenkennung:
Adamello, Abruzzen
Kondition:
Bergweg (schwer)
Technik:
Hochgebirgswanderung

Fasziniert von den Bergen und als langjähriger Tourengeher bin ich erst 2008 in den Alpenverein eingetreten. Als gebürtiger Meininger natürlich in „unsere“ Sektion. 2009 wurde ich zum Stellvertretenden und 2010...